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Immobilienwissen

Sharing: geteilter Wohnraum

Die Sharing-Economy, die Wirtschaft des Teilens, gilt als einer der großen Trends der Gegenwart. Die Sharing-Economy verspricht, dass die Menschen durch das Teilen gemeinsam mehr haben werden: mehr Wohlstand, mehr Komfort, mehr Lebensraum. In einer westlichen Welt, in der alle Grundbedürfnisse der Menschen mehr als gedeckt sind, verspricht sie, hohen Lebensstandard und -komfort mit verhältnismäßig geringem Aufwand allen Menschen zugänglich zu machen. Das spart Geld, schont die Umwelt und fördert Begegnung in einer digitalisierten Welt. Auch in der Wohnungswirtschaft ist der Trend angekommen und erzeugt neue Wohnkonzepte – und das bedeutet Veränderung. Geteilter, öffentlicher Wohnraum wird deutlich stärker beansprucht als private Wohnungen oder Wohneigentum.

Sharing in der Wohnungswirtschaft

Die Prognose: Das Leben wird sich aus den eigenen vier Wänden hinausverlagern – in die gemeinsame Küche, den Gemeinschaftsraum oder den Garten. Für einen selbst bleibt lediglich der Raum für die ganz privaten Bedürfnisse, wie schlafen oder duschen.

Wohnungsgenossenschaften verkörpern den Sharing-Gedanken. Schließlich wurden sie einst gegründet, um gemeinsam günstigen Wohnraum zu schaffen. In dieser Tradition sind sie und ihre Mitglieder Vorreiter des Sharings, denn viele teilen bereits seit Jahren Gemeinschaftsräume, Werkräume, Gärten oder Haushaltsgeräte.

Ein Schritt weiter

Unter dem Begriff „Quartier“ wird die Planung von Baumaßnahmen in größeren Bedeutungszusammenhängen verstanden. Wohn- und Lebensräume werden gemeinsam gedacht: Mehrere Häuser können durch ein großes Wärmenetz sparsamer versorgt werden, als allein. Spielplätze für mehr Häuser machen mehr Kinder glücklich. Ein Sportplatz, der von vielen Menschen genutzt wird, ist preiswerter. Modernste Entwicklungen, wie das Co-Living, treiben diese Entwicklungen auf die Spitze und verkünden, dass es in der Zukunft gar kein Wohneigentum mehr geben werde.

Nachteile des geteilten Raums

Bei all diesen unterschiedlichen Konzepten gilt: Teilen bedeutet immer, dass mehr Menschen den selben Raum und die selben Gegenstände nutzen. Das kann problematisch sein, denn erfahrungsgemäß behandeln Menschen Dinge, die ihnen nicht selbst gehören, häufig weniger pfleglich. In Kombination mit dem gewissen Grad an Anonymität und Nicht-Nachweisbarkeit, der in geteilten Wohnräumen vorherrscht, hat das zur Konsequenz, dass Wohnungen, Ausstattung, Gerätschaften und Mobiliar deutlicher stärker strapaziert werden, als bei klassischen Wohnkonzepten. Darauf müssen Anbieter von geteiltem Wohnraum reagieren. Denn wie die Praxis zeigt, können Folgekosten die ursprünglichen Kosten um ein Vielfaches überschreiten, wenn am falschen Ende gespart wird. Wird der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes betrachtet, ist es die wirtschaftlichste Lösung, von Grund auf hochwertig und nachhaltig zu bauen und auszustatten, anstatt ständig Schadensmeldungen zu bearbeiten und Reparaturen durchzuführen.

Mehr Hoffnung für Alleinstehende

Auch die steigende Anzahl an Singlehaushalten und die Wohnraumverknappung machen sich auf dem Immobilienmarkt bemerkbar. Wenn es eng wird, muss in die Höhe gebaut werden. Und so manche Wohnung wird deutlich knapper ausfallen als heute. Für die Bauindustrie bedeutet das vor allem Eines: Umdenken. Denn die geringere Anzahl von Quadratmetern soll kompensiert werden mit deutlich besserer Qualität und Nachhaltigkeit. Im Fokus: so genannte „Shared Spaces“. Damit sind Bereiche gemeint, die Bewohner eines Hauses gemeinsam nutzen können, wie beispielsweise Gemeinschaftsküchen, Bibliotheken oder Fitnessräume. Diese gemeinschaftlichen Räume und Angebote stehen den Bewohnern des Hauses zur Verfügung. So können die Bewohner des Hauses mehr miteinander kommunizieren und gemeinsam Zeit verbringen. Optimal sind solche Wohngemeinschaften für Singles, Geschiedene oder Alleinerziehende.

Aber: wie beeinflusst Corona diese Lebensweise?

Die Krise kratzt an der Idee, Flächen gemeinschaftlich zu nutzen, und damit an einer spezifisch städtischen Art zu leben. Dabei ist die im Kern überzeugend. Doch in Zeiten der Kontaktsperre sind eindeutig all jene im Vorteil, die drinnen und draußen möglichst viel eigenen Platz besitzen. Für die Fahrt mit Öffentlichen werben derzeit selbst passionierte Nutzer von Bus und Bahn nicht mehr, und im Gemeinschaftsraum des innovativen Wohnprojekts gehen etliche Bewohner plötzlich auch auf Distanz. Hält Social Distancing länger an, versetzt das der Sharing-Bewegung nachhaltig einen Dämpfer.